Liebe Pfarrgemeinden!
Ab und zu verbringe ich Zeit auf Facebook und schaue mir verschiedenste Seiten an, ohne dass ich etwas poste. Ich habe über 700 virtuelle Freundschaftsanfragen bekommen, die ich im Laufe der Zeit bestätigt habe. Es ist ganz interessant, was man da alles lesen und anschauen kann. Es berührt fast alle Themen des menschlichen Lebens: Familie, Soziales, Kultur, Politik, Wirtschaft, etc. Jeder kann sich einbringen, jeder kann seine Meinung zu den genannten Bereichen äußern. Eine virtuelle Freundin schreibt dort: „Wir haben uns alle am 31. Dezember ein glückliches neues Jahr gewünscht. Was ist daraus geworden?“
Es ist dort die Rede von einer Wirtschaftskrise, von Coronavirus, von den Flüchtlingen an der Grenze Griechenlands. Panik und Unsicherheit scheinen unser Leben zu bestimmen. Habe ich mich richtig vor dem Coronavirus geschützt? Kommt tatsächlich eine Geldentwertung? Soll Österreich Flüchtlingskinder aufnehmen? Auch kirchliche Themen kommen dort vor. Viele zeigen sich enttäuscht und beschweren sich, dass der Papst in seinem apostolischen Schreiben „Querida Amazonia“ bezüglich der Diakonenweihe für Frauen und des Zölibats bei Priesern nicht mutig genug gewesen sei. Sie beklagen, dass verstaubte Klischees von Papst Franziskus wieder lebendig gemacht werden.
Liebe Pfarrgemeinden, wir bereiten uns gemeinsam auf das Fest der Auferstehung vor. Was für ein Fest werden wir feiern? Alle Gottesdienste sind bis auf weiteres abgesagt. Die Taufen und Hochzeiten werden verschoben. Die Beerdigungen werden nur im Kreise der Familie auf dem Friedhof gefeiert. Gerade in dieser bewegenden Zeit sind wir eingeladen, die Welt mit den Augen des Glaubens zu sehen. Wer glaubt, bleibt nicht bei sich selbst und seinem Aussehen. Der gläubige Mensch lebt nicht wie die Königin in dem bekannten Kindermärchen „Schneewittchen“: „Spieglein, Spieglein an der Wand, wer ist die Schönste im ganzen Land?“ Wer glaubt, schaut nicht in einen Spiegel sondern in ein Fenster. Wer glaubt, blickt durch, sieht weiter, über sich selbst hinaus. Auch wenn wir in einer Zeit leben, wo Österreich als Nation vor der größten Herausforderung seit dem Zweiten Weltkrieg steht, so wie Bundeskanzler Sebastian Kurz in einem Fernsehinterview äußerte, lassen wir uns nicht verrückt machen. Der Glaube ist der Motor, der unseren Horizont erweitert. Erst der Glaube macht uns bewusst, dass nicht wir die Macher unseres Daseins sind. Wir planen und entwerfen Programme. Wir gestalten unser Leben auf einem hohen Niveau mittels technischer Leistungen. Das ist wichtig. Das Leben geht aber weit über das hinaus, was wir ins Werk setzen. Wir leben nicht nur vom Geschäft, wir leben auch von dem, was nicht zu machen und nicht zu kaufen ist.
Vielleicht denken wir gerade in diesen Tagen, dass in unserem Leben auch Werte einen Platz bekommen dürfen, die in Vergessenheit geraten sind. Viele sind jetzt daheim. Nutzen wir diese Krise und gewinnen ihr das Positive ab. Wie wäre es, wenn wir daheim mit den Kindern, mit unserem Lebenspartner über den Glauben sprechen? Wie wäre es, wenn wir anfangen, mehr auf Jesus zu setzen als auf unsere eigene Kraft? Wie wäre es, wenn wir Jesus erzählen, was uns plagt und erdrückt, was uns freut und Mut macht?
Vielleicht hilft uns diese Krise, zu erkennen, dass am Anfang und am Schluss unseres Lebens nicht irgendetwas steht, sondern ER, Christus, Gott in Person. Versuchen wir diese Übungen in unseren Familien zu machen. Das wird uns sicherlich nicht schaden.
Ja, der Glaube bringt einen auch in herausfordernden Zeiten vorwärts, denn er ist immer ein Austausch des Lebens. Das Leben Christi und unser Leben mögen ineinander verflochten sein: unser Leben in das Seinige und sein Leben in das Unsrige. Das ist vor allem die Botschaft der Auferstehung. Jesus hat seinen Leib nach der Auferstehung nicht wie einen Mantel abgelegt, wie er es nach der Menschwerdung mit seiner göttlichen Herrlichkeit tat. Er überließ seinen Leib nicht dem Verfall. Im Gegenteil. Ein neuer Zustand kommt durch die Auferstehung zum Vorschein. Die Emmausjünger erkennen ihren Meister nicht. Maria aus Magdala verwechselt den Auferstandenen mit dem Gärtner. Der Apostel Thomas möchte sich vergewissern, ob die Auferstehung wahr ist. Streck deinen Finger aus! Hier ist meine Seite! Berühre sie! Mein Gott und mein Herr! Jetzt weiß ich, dass Du der Sohn Gottes bist!
Ja, der Leib Jesu ist ein fleischlicher, aber zugleich ein verherrlichter, denn sein jetziger Leib stirbt nicht ein zweites Mal. Sein Leib ist nicht mehr dem Tod unterworfen. Denken wir immer an die zweite göttliche Person, wenn wir uns bekreuzigen. Wie sprechen wir? Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Im Namen des Sohnes. Im Namen des wahren Gottes und des wahren Menschen. Beim Kreuzzeichen verbinden wir uns mit Jesus, der seinen Leib nicht dem Verfall überlassen hat. Jesus besitzt heute einen Leib, der nicht verfällt und nicht vergeht.
Das ist so wichtig für uns, denn in der Auferstehung wird uns diese Verheißung zuteil. Der glaubende Mensch hat schon jetzt Anteil an dieser Verheißung. „Wer an mich glaubt, wird leben, auch wenn er stirbt, und jeder der lebt und an mich glaubt, wird auf ewig nicht sterben“ (Joh 11,25f), verspricht uns Jesus. Also nicht der Tod macht den Unterschied, sondern der Glaube. Der Glaube an Jesus. Die Hinwendung des Herzens zu Jesus. Ich trete in sein Leben und er kommt in mein Leben. Ich lasse mich von ihm durchdringen, damit ich die Welt, in die ich hineinversetzt worden bin, zum Guten verwandle. Das ist die Freude der Auferstehung. Möge sie auch unsere Herzen erreichen, damit wir dieser Welt ein schönes und attraktives Gesicht schenken!
Pfarrer Ioan Budulai